Wie steht es um Österreichs digitale Zukunft?
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Wie steht es um Österreichs digitale Zukunft?

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Die Dynamik im Netzausbau hat ihre Spuren hinterlassen. Im Wettbewerb allgemein, aber auch im Förderregime. Ob die Strategien am Markt nur den Ausbau im Fokus haben und wie die öGIG in das neue Jahr starten wird, beantwortet öGIG-Geschäftsführer Hartwig Tauber im Interview mit unserer öGIG Redaktion.

Herr Tauber, seit dem 29. November ist der 2. Call der BBA_2030 geöffnet, jedoch nur für einen Teil der Bundesländer. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung im Zusammenhang mit den Marktentwicklungen der letzten Monate?

Hartwig Tauber: Das aktuelle Geschehen auf dem heimischen Markt lässt sich durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren erklären. Zum einen ist der Markt – nicht zuletzt durch unseren Eintritt – aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Mit uns sind auch weitere neue Akteure aufgetreten. Die etablierten Player sahen sich daher gezwungen, ihre Aktivitäten zu erhöhen. Des Weiteren erleben wir unterschiedliche Strategien verschiedener Akteure, den Markt zu ihren Gunsten zu gestalten. Sei es durch Verfahren bei der Regulierungsbehörde oder großflächige Einmeldungen von geplanten Ausbauvorhaben. Jedenfalls zielen beide darauf ab, den Ausbau durch Dritte zu verhindern oder zu verzögern, was sich negativ auf die Ausbaudynamik im Land auswirkt. Nicht zuletzt zeigt sich das anhand der aktuellen, sehr eingeschränkten Förderkarte bzw. der Teilung des 2. Calls in zwei Etappen.

Gibt es weitere Herausforderungen, die es bis dato erschweren, eine zeitgemäße digitale Infrastruktur in Österreich zu etablieren?

Hartwig Tauber: Als öGIG kommen wir gut voran und haben 2023 schon viel geschafft. Derzeit bauen wir in 26 Gemeinden großflächig nachhaltige FTTH-Infrastruktur und haben österreichweit bereits 20.000 Kunden, die unsere Glasfasernetze nutzen. Mancherorts steht ein Infrastruktur-Überbau, bzw. eine parallele Errichtung von gleicher Infrastruktur im Raum, der weder von den Gemeinden gewünscht noch sinnvoll ist. Um den raschen, großflächigen Glasfaserausbau in Österreich zu gewährleisten, setzen wir als öGIG daher das sogenannte „Open-Access Modell“ um, welches einen offenen und diskriminierungsfreien Infrastrukturzugang gewährleistet. Auf diesem offenen Netz kann jeder Internet-Service-Provider seine Services anbieten. Entsprechend positiv ist diesbezüglich auch die Rückmeldung österreichischer Gemeinden, die die Vorteile des Open-Access Netzes für ihre Bürgerinnen und Bürger längst erkannt haben.

Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie diesbezüglich spezifisch für die öGIG?

Hartwig Tauber: Im dynamischen Breitbandmarkt bedeutet das für uns, dass wir uns weiterhin für ein Nachschärfen der regulatorischen Rahmenbedingungen einsetzen werden. Open Access Modelle sollten zu Gunsten des Wettbewerbs gefördert werden, da der hieraus resultierende Wettbewerb zum Vorteil des Endkunden ist. Auf der anderen Seite sollten Überbau-Anträge dort, wo Open Access in ausreichendem Umfang vorhanden oder errichtet wird, entsprechend abgelehnt werden. Nur so können wir in Österreich eine flächendeckende Versorgung gewährleisten.

Ihr Ziel ist es, den FTTH-Ausbau in Österreich signifikant beschleunigen. Was heißt das konkret für das Jahr 2024?

Hartwig Tauber: Für 2024 heißt das konkret die Umsetzung von mehr als 100 Ausbau-Clustern und damit die Verdreifachung unserer Ausbaukapazitäten für 2025. Ziel ist es nach wie vor, eine FTTH-Versorgung in Regionen mit hohem Bedarf sicherzustellen.

In den Medien wird öfters eine Nachfrageförderung gefordert. Die öGIG hat sich bisher dagegen ausgesprochen. Warum?

Hartwig Tauber: Auch wenn der Breitbandatlas bereits eine hohe Versorgung mit leistungsfähigen Anschlüssen ausweist, ist anzunehmen, dass bei einer adressgenauen Betrachtung und Validierung der nutzbaren Bandbreiten die tatsächliche Versorgung nicht vollständig mit dem übereinstimmt, was in den aktuellen Daten ersichtlich ist. Wenn ich durch Österreich fahre, sehe ich, dass wir sowieso noch einen weiten Weg vor uns haben, was die Umsetzung des Ausbaus betrifft. Daher wäre eine Förderung der Nachfrage zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll. Es ist noch viel wichtiger zu erkennen, dass eine Nachfrageförderung überhaupt nicht notwendig ist. In unseren Projekten erreichen wir auch ohne öffentliche Subvention hohe Anschlussquoten. Ein konkretes Beispiel: in der Gemeinde Münzkirchen in Oberösterreich, die wir aktuell ausbauen, haben wir derzeit eine Take-Rate von 55%! Daher sehen wir keinerlei messbare Evidenz für ein Nachfragedefizit. Eine solche könnte erst nach Errichtung und Betrieb der Netze verlässlich festgestellt werden. Wenn die BBA_2030 ihre Wirkung im laufenden Betrieb der Netze zeigt, kann die Notwendigkeit einer Nachfrageförderung sinnvoll diskutiert werden.

Wo hat die öGIG bisher die größten Fortschritte zu verzeichnen?

Hartwig Tauber: Bundesweit haben wir bisher insgesamt 82.000 Anschlüsse hergestellt, von denen bereits rund 20.000 aktiviert wurden. Die meisten davon befinden sich in Kärnten, Oberösterreich und Niederösterreich. Auch für 2024 sind Investitionen in verschiedensten österreichischen Bundesländern geplant. Die Pipeline an Ausbauprojekten ist also bis oben hin gefüllt. Eine Herausforderung, der wir uns mit einem Team aus erfahrenen Glasfaserexpertinnen und Experten souverän stellen werden.


Fotohinweis: © Rauchenberger